Als Unternehmer*in nicht nur geschäftlich, sondern auch privat glücklich zu sein, ist für viele leider gar nicht so einfach. In diesem Artikel, basierend auf unserer Podcast Folge #30 mit Experte Florian Kempkes, wollen wir uns daher ansehen, wie Glück im Unternehmeralltag aussieht, was es mit der Dopamin-Falle auf sich hat und wie man es schafft, nachhaltig bessere Entscheidungen zu treffen.
Podcast-Folge #30
- Wie Florian zu seiner Buchidee kam (00:02:00)
- Indizien der Überforderung (00:05:00)
- Das Aufgaben-Paradoxon (00:10:50)
- Die Dopaminfalle und wie man sie verlässt (00:17:00)
- Warum Aufmerksamkeit das höchste Gut des Unternehmers ist (00:19:00)
- Wie man negative Verhaltensmuster unterbricht (00:27:00)
Wer ist Florian Kempkes?
Florian Kempkes beschäftigt sich schon viele Jahre mit dem Thema Glück. Auf seiner persönlichen Suche nach dem Glück bemerkte er, dass oft sehr allgemeine Dinge wie Meditation, Treffen mit Freunden oder Dankbarkeit empfohlen werden – diese Empfehlungen sind einerseits nicht besonders konkret und andererseits auch oft schwer mit dem Alltag von Unternehmer*innen zu vereinbaren.
Daraufhin entschied sich Florian, die Suche nach dem Glück mal ganz strategisch anzugehen. Wenn wir Glücksgefühle empfinden, dann passiert das, weil unser Körper Hormone ausschüttet. Florians Untersuchungen konzentrierten sich also darauf, wann und warum diese Hormone ausgeschüttet werden.
Er unterstützt Unternehmer*innen mit Coaching dabei, zu ihrem Glück zu finden.
Indizien der Überforderung
Viele Unternehmer*innen werden es kennen: Während man in der Firma alles im Griff hat, passiert es im Alltag immer wieder, dass man Dinge vergisst. Egal ob es das Fußballtraining ist oder die Frühstücksdose für den Kindergarten. Folgen dann noch Kommentare über die eigene Vergesslichkeit, ist der Ärger groß – als gestandener Unternehmer wird es doch nicht daran scheitern, eine Brotdose mitzunehmen.
Mit dem Ärger kommt auch die Erkenntnis, dass man in der Arbeit zwar einen sehr starken Fokus hat, einem die Dinge außerhalb aber oft durch die Finger hindurchfließen.
Auch Beziehungsprobleme können ein Indiz dafür sein, dass es Zeit ist, mal einen Gang hinunter zuschalten. Man hat dem Partner versprochen, dieses Mal wirklich pünktlich zu Hause zu sein – und dann kommt kurz vor Schluss noch ein Mitarbeiter mit einem Problem, aus 5 Minuten werden 45 und Zuhause wartet direkt ein Konflikt auf einen.
All diese Momente vereint eines – das Gefühl, immer hinterherzurennen, immer zu spät zu sein, immer wieder zu vergessen. Die eigene Aufgabenliste wird länger und länger und irgendwann weiß man nicht mehr, wie man das alles schaffen soll.
Die Energie wird weniger, man schläft schlecht oder fängt sogar irgendwann an spät nachts zu arbeiten, was dann wieder zu Konflikten führt. Es ist ein Teufelskreis, aus dem man in dem Moment keinen Ausweg sieht.
Das Aufgaben-Paradoxon
Bei den meisten Unternehmer*innen ist es so, dass die Arbeit den Alltag dominiert, auch wenn sie sich das vielleicht nicht eingestehen möchten. Viele Unternehmer*innen haben ein großes Verantwortungsbewusstsein, nicht nur für ihre Familie, sondern auch für das eigene Unternehmen und die Mitarbeitern. Alles gut im Griff zu haben, ist keine leichte Aufgabe. Manchmal fallen dann Aussagen wie “Wenn ich nur 6 Wochen Zeit hätte, dann könnte ich das alles hinkriegen” oder “Wenn ich in der Rente bin, dann nehm ich mir die Zeit …”
Florian hat bei einigen seiner Kunden eine sehr paradoxe Reaktion beobachten können: Die Kunden hatten ihre Unternehmen verkauft, hatten alles, mussten nicht mehr arbeiten und hätten alle Zeit der Welt für ihre Familien gehabt. Effektiv hat sich in ihrem Alltag aber nichts geändert. Die Konflikte bleiben die gleichen und auch die Sportroutine ist schnell wieder eingeschlafen.
Warum ist das so? Es liegt daran, dass diese Menschen immer dem gleichen Muster folgen. Nur weil man seine äußeren Umstände ändert, ändert sich dadurch nicht das eigene Verhalten. Das Muster eines Unternehmers besteht oft darin, sich immer wieder neue Projekte zu suchen. Neue Projekte zu starten und neue Erfolge zu feiern, fühlt sich im ersten Moment großartig an. Irgendwann kommt man aber zum Stehen und merkt, dass man in die Dopaminfalle getappt ist.
Die Dopaminfalle
Das Problem dabei: Zu Beginn ist es einfach, sich für ein Projekt zu begeistern. Aber all diese Projekte und Ideen ziehen To Dos nach sich, die einen stressen. Sobald man gestresst ist, sinkt das Dopaminlevel, man fühlt sich unglücklich und wie ein Drogensüchtiger beginnt man, an das nächste neue Projekt zu denken. Ausweg aus dem Unglück erscheint immer in Form einer neuen Idee oder einer neuen Vision.
Das Dopaminsystem ist bei manchen Menschen aktiver als bei anderen. Zudem ist es ein sich selbst verstärkender Kreislauf. Dopamin macht hochgradig süchtig. Verständlich, es ist ein großartiges Gefühl, wenn das Gehirn auf Hochdruck läuft.
Für Unternehmer*innen ist Dopamin ein zweischneidiges Schwert – jemand, der auf Dopamin nicht abfährt, wird es schwer haben, ein erfolgreicher Unternehmer zu sein, da er schlicht nicht die Energie hat, die Dinge zu machen. Aber wie mit allem, was Macht hat, kann man es auch übertreiben.
Das erklärt auch, warum man oft so viele angefangene Projektbaustellen sieht. Angefangen wird viel und gerne, aber fertig gemacht wird nichts. Dopamin ist wichtig, aber es ist nicht für Dauer gedacht. Begeisterung ist nichts, was dauerhaft anhält und evolutionär betrachtet ist das auch gut so, da Begeisterung uns viel Energie kostet.
Raus aus der Dopaminfalle
Innerhalb des Unternehmens gibt es einen sehr guten Weg, aus der Dopaminfalle rauszukommen. Dafür braucht es jemanden, der die Sprunghaftigkeit des Unternehmers ausgleicht. Eine Person, die Balance hereinbringt und als Strategiemanager gemeinsam mit dem Unternehmer die Ideen auf eine klare Roadmap bringt und ihn so zu Fokus zwingt.
Im Privatleben könnte man sich natürlich auch so einen Strategiefreak mit ins Boot holen, es geht aber auch ohne. Der erste Schritt raus aus der Dopaminfalle besteht im Bewusstmachen der eigenen Muster: Was mache ich, wenn es mir schlecht geht oder ich schlecht gelaunt bin?
Bei den meisten kommt dann wie von Zauberhand eine neue Idee oder ein neues Projekt. Plötzlich ist die Energie wieder da und man fühlt sich gut. Hat man dieses Muster mal erkannt, dann kann man auch bewusster entscheiden, ob man dem Impuls nachgeben möchte oder eben nicht.
Dazu gehört es auch, Nein zu Projekten zu sagen. Viele Unternehmer setzen falsche Entscheidungsparameter ein, wenn es darum geht, ob eine Sache weiterverfolgt werden soll oder nicht. Oft wird dann gesagt “Ja, das mach ich mal. Das kostet mich nicht viel Zeit.”
Warum Zeit das falsche Entscheidungsparameter ist
Zeit als Entscheidungsparameter ist gleich auf zwei Arten problematisch. Zum einen wird Zeit oft falsch eingeschätzt, die Schätzungen sind komplett unrealistisch und daher nicht zu gebrauchen. Zum anderen ist es nicht wichtig, wie viel Zeit etwas kostet, da nicht Zeit, sondern Aufmerksamkeit die wichtigste Ressource des Unternehmers ist.
Hier kommt auch der Zeigarnik-Effekt ins Spiel. Dieser besagt, dass man sich an unerledigte Handlungen doppelt so gut erinnert wie an Handlungen, die bereits erledigt sind. Die unerledigte Projekte beschäftigen einen permanent, je mehr Projekte, desto mehr beschäftigen diese einen und das ganze zieht einem dann die Rechenleistung weg von den Dingen, die wirklich wichtig sind.
3 Fragen für mehr Fokus
Fokus klingt schön und gut, aber wie findet man den eigentlich? Fokus hängt ganz stark mit dem Thema Sinn zusammen:
- Was gibt meinem Leben Sinn?
- Was ist das, worum es mir am Ende wirklich geht?
- Was ist meine persönliche Lebensvision?
Beantworte diese Fragen für dich und erstelle die eine Liste mit all deinen offenen Projekten. Danach gehst du diese Liste Schritt für Schritt durch und fragst dich bei jedem Punkt:
- Verwirklicht das meinen Sinn?
- Verwirklicht das meine Vision?
- Trägt es zu Regeneration oder Spaß bei?
Oft kommen dann Tätigkeiten zutage, die 3-mal mit Nein markiert wurden. Solche Tätigkeiten musst du streichen, denn sie fressen nur Energie. Auch bevor man neue Projekte annimmt, sollte man sich die 3 Fragen stellen, um möglichst nur jene Projekte zu starten, die zu dem Leben passen, das man führen will.
Wie man das Dopaminmuster durchbricht
Verschaffe dir einen Überblick über den Ist-Zustand. Streiche radikal die Dinge, die 3 Neins auf deiner Fokus-Checkliste bekommen haben. Höre zudem auf, ständig Neues anzunehmen.
- Mache dir dein Muster bewusst und setze dich damit auseinander.
- Überlege, ob es Situationen gibt, in denen du immer wieder in dein Muster kippst. Kommen dir immer neue Ideen, wenn du an deinem Schreibtisch sitzt, dann kleb dir gut sichtbar einen Post-it auf, der dich an dein Muster erinnert.
- Schaffe eine Mechanismus, der dich davon abhält, ständig sofort neue Dinge anzunehmen, zum Beispiel, in dem du dir einen Strukturpartner suchst, der dich in solchen Momenten stoppt.
Für manche Unternehmer funktioniert die 3-Tage-Regel sehr gut. Anstatt sofort Ja zu etwas zu sagen, nehmen sie sich 3 Tage Zeit, um darüber nachzudenken. In dieser Zeit filtert sich oft schon heraus, ob die Idee oder das Projekt wirklich so gut ist, wie im ersten Moment gedacht.
Warum ein Ja immer auch Nein bedeutet
Wenn du zu allem, was neu hereinkommt, Ja sagst, dann sagst du damit gleichzeitig Nein zu deiner Freiheit, deinem dauerhaften Erfolg und deiner Zukunft. Es ist wichtig, sich hier nicht in die Opferrolle zu verkriechen, sondern sich bewusst zu machen, dass man durch ständiges Ja-Sagen aktiv Nein zum Erfolg sagt, weil man immer wieder in der Dopaminfalle landet und die Dinge nicht bis zum Ende durchzieht. Gleichzeitig sagt man auch Nein zum Körper, der Gesundheit und der eigenen Familie. Es liegt in der eigenen Verantwortung, Ja zu den richtigen Dingen zu sagen.
Wie man das eigene Zielbild in den Alltag integriert
Viele Menschen neigen dazu, sich Genuss und Ruhe für die Rente “aufzuheben” und bis dahin zu rennen. Nicht gerade eine optimale Sichtweise. Du kannst und darfst auch heute schon genießen und Ruhe in deinen Alltag bringen.
Gerade Unternehmer*innen tut es gut, sich einfach mal alleine zurückzuziehen. Handys werden ausgeschaltet oder gar nicht erst mitgenommen. Man setzt sich selbst sozusagen auf Dopaminentzug. Ohne Handy gibt es keine neuen Projekte und es kommen auch keine neuen Ideen. Dafür ist aber auch eine andere Sache weniger – der Stress.
Oft erlebt man dann eine innere Ruhe und findet fast schon von alleine das heraus, was einem wirklich wichtig ist. Nach so einem Dopaminentzug stellt sich eine Klarheit ein, die viele von uns sehr lange nicht erlebt oder vielleicht sogar noch nie empfunden haben.
Woher kommt der Kick, wenn nicht aus Dopamin und neuen Projekten?
Um sich weiterhin den “Kick” zu holen, gibt es zwei Möglichkeiten. Die erste wäre es, auf dem Dopaminzug zu bleiben, allerdings im Privaten. Dafür könnte man sich im Alltag begeisternde Ziele setzen, wie Erlebnisse oder sportliche Höchstleistungen. Allerdings ist auch das nicht uneingeschränkt empfehlenswert, da dann irgendwann der Freizeitstress droht. Man packt sich jedes Wochenende voll und fragt sich dann, welche Verrückte das eigentlich geplant hat – und braucht am Ende Erholung vom Wochenende.
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