Über 600 Mitarbeiter, Büros auf der ganzen Welt. Er hat es selbst geschafft: Frank Wolf verrät uns, wie man mit einer Software zum Weltmarktführer wird. Er erklärt, warum es so wichtig ist, mit Marktzugang und Marktwissen aus einem kalten Stück Software eine echte Lösung zu machen und gibt praktische Tipps mit auf den Weg, wie man als Gründer schnell und effizient mit dem Marketing des eigenen Produkt starten kann.

Außerdem werden wir uns ansehen, aus welchen 3 Elementen Vertrieb besteht und warum es zielführend ist, den Vertrieb als Gründer zu Beginn selbst zu übernehmen. 


Die Themen des Scaling Champions Podcast #106 mit Frank Wolf im Überblick:

Frank über seinen Werdegang (00:02:30)

Warum das richtige Mindset bei der Gründung entscheidend ist (00:08:40)

Von der reinen Software hin zur Problemlösung (00:19:00)

Warum Staffbase zu Beginn keine Vertriebler eingestellt hat (00:32:30)

Wie man die ersten Kunden findet (00:40:00)

Warum eine große Vision wichtig ist (00:58:00)

Frank Wolfs Werdegang mit Staffbase

Frank Wolf ist gebürtiger Dresdner. Nach seinem Wirtschaftsingenieursstudium an der TU Dresden war er zuerst in der Unternehmensberatung tätig und wechselte dann zur T-Systems MMS. Dort war er zuständig für den Bereich Intranet und interne Kommunikation. Aus seiner Beratertätigkeit entwickelte sich schließlich auch die Idee für eine Mitarbeiter-App, die vor allem jene Mitarbeitenden erreichen sollte, die nicht am Schreibtisch arbeiten.

Staffbase entstand zusammen mit seinen beiden Mitgründern, Martin und Lutz. 2014 hatte Staffbase 6 Mitarbeiter. Heute umfasst ihr Team über 600 Leute, sie haben Büros auf der ganzen Welt und erreichen Umsätze im zweistelligen Millionenbereich. Bei Clearbox werden sie als beste Empfehlung für Mitarbeiter-Apps gerankt.

Um Großes zu erreichen, braucht es das richtige Mindset

Zu Beginn hatte Frank eine Idee. Nachdem er sie von seinem Umfeld validieren ließ, überlegte er sich, wie man diese Idee mit möglichst wenig Risiko umsetzen kann. Er ging von einem 30.000 Euro Investment aus und wollte neben der Gründung weiter in seinem Angestelltenverhältnis bleiben. Als er dann seine beiden Mitgründer traf, wurde dieses Mindset schnell zerschlagen.

Für Lutz und Martin gab es nur eine Art, wie sie dieses Projekt angehen würden: nämlich richtig oder gar nicht. Dafür bräuchten sie einen Investor, eine halbe Million Euro und ein Entwicklerteam. Dieses Denken ist äußerst wichtig, wenn man Großes erreichen will. Da gibt es laut Frank keinen Graubereich. Wenn man hinter der eigenen Idee steht und diese so einschlägt wie erwartet, dann muss man auch dahinter stehen und weitermachen können.

Deswegen wäre es auch kontraproduktiv gewesen, wenn Frank in seinem Angestelltenverhältnis geblieben wäre. Das hätte einem potenziellen Investor signalisiert, dass nicht mal die Gründer Vertrauen in ihr Produkt haben. Laut Frank kann man Produktgeschäft nicht halb machen. Wenn du es wirklich willst, musst du die Sache richtig machen.

Mehr als nur ein Produkt: Partner der Kommunikationsabteilung statt Software-Lieferant

Wenn ein Kunde Software kauft, um ein Problem zu lösen, dann kauft er sich immer auch einen Prozess, Wissen und Best Practices. Im Fall von Staffbase ist es das Wissen darüber, wie man gute Kommunikation macht. Würde man jetzt nur ein Problem sehen und technisch etwas bauen, dann löst man damit das Problem des Kunden nicht komplett. Trotzdem gehen viele Gründer mit einer technischen Sicht an Aufgaben heran. So fragen sie beispielsweise den Kunden, was er in seiner App haben will. Laut Frank ist das der falsche Ansatz. Er und seine Mitgründer sehen sich als Partner der Kommunikationsabteilung und nicht als Software-Lieferanten.

Nischenfindung in der IT-Branche: geh nah an deine Wunschkunden ran

Diese Denkweise hilft auch dabei, eine Nische zu finden. Wenn man heute in den Markt schaut, könnte man in vielen Bereichen denken, dass so ziemlich jede Nische besetzt ist. Versuche lieber, den Markt als weiße Wand zu betrachten. Je mehr du mit potenziellen Wunschkunden arbeitest, desto näher gehst du an die Wand heran. Und je näher du dran bist, desto mehr Risse und kleine Öffnungen wirst du sehen – genau das sind die Nischen, in denen Wachstum möglich ist.

Vor allem im B2B-Bereich gibt es große Vorteile für Gründer, die zuvor in ganz anderen Bereichen tätig waren. Sie kennen nämlich Probleme, die branchenfremde Personen gar nicht auf dem Schirm haben. So kann zum Beispiel ein ehemaliger Schichtleiter aus der Pflege erkennen, dass es eine bessere Möglichkeit geben muss, Dienstpläne zu erstellen und zu teilen und daraus dann eine Lösung entwickeln. Jemand der bereits Jahre in diesen Problem festgesteckt ist, hat den Vorteil, dass er weiß, dass seine Lösung die beste ist und wirklich hilft, während andere Firmen nur ein Projekt verkaufen würden, welches das dahinterstehende Problem am Ende doch nicht löst.

Die 3 Elemente von Vertrieb

Für Frank besteht Vertrieb aus 3 Elementen:

  1. Positionierung:
    – Wie rede ich über das Problem, das wir lösen
    – Welche Vorteile bietet mein Produkt
    – Der richtige Pitch

  2. Leadgenerierung: Es müssen Leute gefunden werden, die das Problem haben, welches mein Produkt löst und die mein Produkt spannend finden

  3. Erst jetzt kommt der wirkliche Vertrieb ins Spiel. Im Kern handelt es sich dabei um den Moment, in dem jemand aus dem ersten Interesse eines Kunden einen unterschrieben Vertrag macht.

Viele Gründer stellen nun Vertriebler ein, die Punkt 3 übernehmen sollen, ohne ihnen Punkt 1 und 2 zu liefern. So ist das Vorhaben zum Scheitern verurteilt.

Gründer-Sales ist zu Beginn notwendig

Auch deswegen hat Frank die ersten 2 Jahre den Vertrieb von Staffbase selbst gemacht. So konnte er aus jedem Gespräch etwas lernen und seinen Pitch immer wieder verbessern. Als Gründer hast du zusätzlich den Vorteil der Passion für dein Produkt und kannst es bis ins kleinste Detail erklären. Deshalb würde Frank in dieser Phase auch noch nicht von Vertrieb, sondern eher von einer Positionierung sprechen. In dieser Phase wird geklärt, was die Kunden wirklich suchen und welche Punkte am Produkt noch weiterentwickelt werden müssen.

Vertriebler sind auch Berater

Für Frank ist ein guter Vertriebler zudem jemand, der innerhalb von Sekunden den Rollenwechsel hin zu Berater schafft, von dem der Kunde etwas lernen kann. Durch die richtige Positionierung wird beim Kunden ein Framing aufgebaut, in dem dieser über sein Problem Dinge lernt, die nur du mit deinem Produkt lösen kannst. Dadurch wird auch die Konkurrenz schnell abgehängt. Ein guter Vertriebler ist daher jemand, der den Kunden auf diesem Weg hin zum Erkenntnisgewinn begleitet.

Warum die ersten Kunden entscheidend sind – und wo man sie findet

Wenn du dein Produkt auf den Markt bringst, dann musst du jemanden finden, der an “deinem” Problem verzweifelt und gleichzeitig verrückt genug ist, für die Lösung dieses Problems auf eine völlig neue Firma zu setzen.

 Diese ersten Kunden gehen also ein persönliches und finanzielles Risiko ein, indem sie mit dir zusammenarbeiten. Das schweißt auch zusammen. Deshalb werden diese ersten Kunden oft zu wichtigen Wegbegleitern, die einem ehrliche Einschätzungen zum Produkt liefern, die als Referenz dienen und die man immer wieder um Rat fragen kann.

Wie findet man nun solche Kunden? Das schlechteste, was du dafür machen kannst, ist Cold Calling. Die Kunden, die dein Produkt nämlich dringend brauchen, die werden dich sowieso finden. Das funktioniert aber nur dann, wenn du vorab bereits Zeit und Energie ins Marketing gesteckt hast. Als neuer Gründer hast du eine Einsicht in den Markt. Du hast eine Problem entdeckt und einen Weg gefunden, es zu lösen. An diesem Punkt ist es wichtig, dieses Wissen in den Markt zu tragen, darüber zu sprechen und sichtbar zu werden.

Das ist auch kein Vertrieb, sondern Marketing und das kann man gerade zu Beginn nicht delegieren. Frank hat in der Anfangszeit von Staffbase sehr viel Zeit in Marketing investiert und Content geschrieben, der potenziellen Kunden weiterhelfen sollte. So konnten sie nicht nur die Sichtbarkeit erhöhen, sondern auch Vertrauen bei den Kunden aufbauen.

Marketing Tipps für Nicht-Marketing-Gurus

Einige von euch werden jetzt vielleicht denken: Aber wir sind nicht gut im Marketing… Laut Frank ist das sogar besser so. Es ist wichtig, im Grundsatz „Nutzen vor Gewinn” zu denken (den kennt ihr von uns hoffentlich sowieso schon!). Was braucht mein Gegenüber, um einen Erkenntnisgewinn zu bekommen?

Frank hat uns einen Trick verraten, mit dem du die Qualität deiner Idee checken kannst. Versuche deine Idee mit 1000 oder 2000 Wörtern in einem Blogpost niederzuschreiben. Darin zeigst du auf, was das Problem ist und warum deine Idee gut ist. Gelingt dir das nicht, dann ist die Idee vielleicht nicht so gut, wie du denkst.

Schaffst du es aber, diesen Blogpost zu verfassen, dann hast du gleich deine erste Marketing-Grundlage. Wenn du zusätzlich zu diesem Blogpost links und rechts davon weitere Themen beleuchtest und du das ganze mit Seele und Meinung versiehst, dann fängst du an, in deiner Mini-Nische sichtbar zu werden. Und dafür musst du kein Marketer sein, sondern einfach mit Emotion hinter deinem Produkt stehen. 

Ratschlag für neue Gründer: Dream big!

Für Frank und seine Mitgründer war es von Anfang an klar: Wenn sie das Projekt Staffbase durchziehen, dann richtig. Deshalb haben sie es sich zum Ziel gesetzt, etwas Großes zu bauen. Diesen Ratschlag möchte Frank allen neuen Gründern mitgeben: Denkt groß, es ist machbar!


Wann sollte man als Startup lieber kein Fremdkapital aufnehmen?

Große Ziele zu haben, ist auch wichtig, wenn es um das Thema Investment geht. Fällt der Entschluss, mit einem Investor zusammenzuarbeiten, dann ist klein bleiben keine Option mehr. Willst du mit deinem Unternehmen lieber bei einer Größe von 50 Mann bleiben, dann solltest du laut Frank lieber kein Fremdkapital aufnehmen. Mit einem Investor gehen immer große Ziele einher, wie beispielsweise ein Börsegang oder ein Exit.

Viele Gründer zögern, mit einem Investor zusammenzuarbeiten, weil sie Angst um ihre Entscheidungsfreiheit haben. Frank sagt, dass man davor keine Angst haben muss. Die meisten Investoren sind sehr zurückhaltend und versuchen, die Gründer zu unterstützten, wo es geht. Ein guter Investor merkt auch, was die Gründer brauchen, in die er investiert und handelt dementsprechend. 

In diesem Beitrag

So hat Staffbase es geschafft: mit einer Software als Lösungsanbieter zum Weltmarktführer

18.04.2023 Skalierung