Unzufriedenheit klingt auf den ersten Blick nicht nach einem Attribut, das man sich und den eigenen Führungskräften zuschreiben möchte. Wir wollen dir zeigen, warum dieser Gedanke falsch ist, weshalb kultivierte Unzufriedenheit eine Eigenschaft ist, die alle Führungskräfte haben sollten und was du als Unternehmer*in konkret tun kannst, um kultivierte Unzufriedenheit in deine Firma zu bringen.
Die Themen des Scaling Champions Podcast #164 im Überblick:
Was ist kultivierte Unzufriedenheit (00:02:30)
Wie man herausfindet, was kultivierte Unzufriedenheit für einen selbst bedeutet (00:07:15)
Wie man den eigenen Führungskräften kultivierte Unzufriedenheit näherbringt (00:18:40)
Eric und Johannes über das Thema Purpose (00:28:00)
Was ist kultivierte Unzufriedenheit?
Unser Hauptthema bei Scaling Champions ist der Aufbau von Strukturen und Systemen für die Skalierung. Damit das gelingt, braucht es ein stabiles Fundament – unter anderem aus Mitarbeitern und vor allem Führungskräfte, die über kultivierte Unzufriedenheit verfügen. Aber was ist das denn nun genau?
Im Grunde genommen bedeutet kultivierte Unzufriedenheit, dass man immer einen Blick auf kommende Engpässe oder bestehende Defizite hat. Es geht darum zu sagen “Das hört sich schon ganz gut an, ABER da steckt noch was dahinter.” Personen, die kultiviert unzufrieden sind, sind wachsam und lassen sich nicht so leicht blenden – sie haben sozusagen einen eingebauten Bullshit-Detektor.
Aber auch der Ausdruck kultiviert sollte nicht vernachlässigt werden. Bedeutet, dass die geäußerte Unzufriedenheit Hand und Fuß haben muss. Kritik muss konstruktiv sein und in einer Lösung münden, anstatt Dinge einfach nur zu bashen. Das Wort kultiviert hat noch einen weiteren schönen Aspekt. Damit ist nämlich auch gemeint, dass diese Unzufriedenheit, das Streben nach mehr, Teil der DNA geworden ist.
Warum ist kultivierte Unzufriedenheit ein wichtiges Fundament für Skalierung?
Das Problem ist, dass man diese Last alleine schultert. Hat man Führungskräfte, die auch den Blick der kultivierten Unzufriedenheit haben, dann wird das alles deutlich leichter.
Vor allem, wenn es darum geht, ein Unternehmen zu skalieren und Verantwortung abzugeben, ist es wichtig zu wissen, dass es Menschen in deiner Firma gibt, die die Dinge vielleicht nicht genau so machen wie du, aber trotzdem in deinem Sinne und im Sinne der Firma handeln.
Unternehmer*innen werden nicht einfach als kultiviert unzufriedenere Menschen geboren. Der Unterschied ist, dass sie reagieren, wenn sie merken, dass sich etwas zwischen sie und ihr Ziel drängt. Sobald ihnen auffällt, dass sie nicht in die Richtung gehen, die sie zu dem Ziel hinführt, ihr Unternehmen stabil aufzubauen, lenken sie ein.
Deine Führungskräfte müssen dieses Empfinden teilen, denn nur so erkennen sie, wenn sie Dinge durchgehen lassen oder Kompromisse eingehen, die sie eigentlich nicht akzeptieren sollten.
3 Tipps für kultivierte Unzufriedenheit
Tipp Nr. 1: Du musst für dich selbst verstehen, was kultivierte Unzufriedenheit bedeutet
Der erste Schritt auf dieser Reise ist es, sich selbst zu beobachten und herauszufinden, was kultivierte Unzufriedenheit für einen selbst ist. Als Johannes begann sich mit dem Thema zu beschäftigen, wählte er die Bezeichnung Härte. Härte zu sich selbst, aber auch zu anderen. Es geht darum, die goldene Mitte zu finden zwischen verständnisvoll sein, sich aber auch nicht gegenseitig einlullen. Wenn Dinge schlecht laufen, dann muss das ehrlich ausgesprochen werden.
Die Gefühle zu artikulieren, kann auch dabei helfen, Unzufriedenheit zu kommunizieren. Generell ist die aktive Kommunikation und der Dialog mit den Führungskräften immens wichtig, wenn es darum geht, eine Kultur der kultivierten Unzufriedenheit zu etablieren. Hat man gelernt, seine Gefühle ehrlich zu äußern und das Ganze dann noch mit Beweggründen zu versehen, dann hilft das dabei, von der Vorwurfebene wegzukommen und auf mehr Verständnis zu treffen.
Tipp Nr. 2: Vermeide ein Gleichgewicht, in dem Führungskräfte keine Verantwortung übernehmen können
Stellen wir uns mal vor, du hast Tipp 1 befolgt und angesprochen, dass du dir wünscht, dass Mitarbeiter und Führungskräfte mehr Verantwortung übernehmen. Daraufhin erntest du viel Zustimmung und bekommst zu hören, dass die Mitarbeiter und Führungskräfte selbst mehr Verantwortung übernehmen wollen. Aber warte mal – irgendwas passt da dann nicht so ganz zusammen.
Manchmal kommt es vor, dass sich in einem Unternehmen mit der Zeit eine Art Gleichgewicht entwickelt, das verhindert, dass Führungskräfte volle Verantwortung übernehmen können. Wie kommt es dazu? Ganz einfach. Es gibt den einen Unternehmer, der anstachelt und Punkte sieht (die andere vielleicht nicht sehen) und Führungskräfte, die sich darauf verlassen, auf diese Dinge aufmerksam gemacht zu werden.
So wirst du aber nie in den Modus kommen, die komplette Verantwortung abgeben zu können. Indem du dir auf diese Art und Weise deine Daseinsberechtigung erhältst, wirst du als Unternehmer immer weiter gebraucht. Spätestens, wenn du dich aus dem operativen Geschäft zurückziehen willst, wird das zum Problem.
Tipp Nummer 3: Anerzogene Unzufriedenheit hat ihre Grenzen
Ab und an ergibt es sich, dass Führungskräfte aus “Gehorsam”, Verantwortungsbewusstsein oder Verbundenheit zum Unternehmen von alleine eine gewisse kultivierte Unzufriedenheit entwickeln. Das ist prinzipiell gut. Allerdings muss man sich bewusst sein, dass diese Unzufriedenheit ihre Grenzen hat.
Hat man mal ein gewisses Wachstum erreicht, dann werden die Aufgaben für Führungskräfte immer freier. Es gibt dann nicht mehr den einen, der von oben Ziele vorgibt, sondern es muss nach Sinn geführt werden. Dafür muss der Führungskraft bewusst sein, dass er oder sie die Dinge nicht für den Geschäftsführer macht, sondern für sich und für das Unternehmen. Nicht für jemanden anderen.
Gerade wenn es um komplexe Themen wie den Aufbau eines neuen Bereichs oder eines neuen Geschäftsmodells geht, werden zwangsläufig Widerstände auf einen zukommen, die man überwinden muss. Macht man das aber für jemanden anderen, dann geht einem schnell die Luft aus.
Wie bringe ich meine Führungskräfte zur kultivierten Unzufriedenheit?
Angenommen, du bist Arzt oder Ärztin und willst unbedingt, dass dein Kind auch Arzt wird. Wenn du das versuchst, indem du erzählst, wie cool dein weißer Kittel ist, wie klasse der Job ist und wie viel Geld zu verdienst, dann kann das eventuell funktionieren, vermutlich aber nicht.
Viel besser klappt das Ganze, wenn du erklären kannst, wie dein Weg ausgesehen hat und was dieser Weg dir gegeben hat. Wenn du also beispielsweise erzählst, wie unglaublich es ist, Menschen zu helfen oder wie gut es sich anfühlt, einen tiefen Nutzen zu stiften, dann hat diese Message einen ganz anderen Effekt als die vorherige.
Egal in welchem Bereich – du musst über deinen Purpose sprechen, denn eine Tätigkeit kann man nicht weitergeben, einen Purpose schon. Wenn du jemandem erklären kannst, wie du selbst zu deinem Purpose gekommen bist (und das kannst du als Unternehmer*in), dann kannst du auch kultivierte Unzufriedenheit beibringen.
Vielleicht hast du Angst, dass deine Führungskraft ihren Purpose entdeckt – und der dann plötzlich darin besteht, Segelyachten an der Ostsee zu bauen. Dieses Risiko ist eher gering, denn wenn jemand den Karriereweg bereits so weit gegangen ist, dann fühlen sich die Menschen in der Regel auch recht wohl in ihrer Rolle. Und selbst wenn so ein Interesse ausgesprochen wird, bedeutet das nicht direkt, dass die Person morgen kündigt.
Und was, wenn meine Führungskraft den Purpose hat, Geschäftsführer*in zu werden?
Was passiert, wenn deine Führungskräfte immer kultiviert unzufriedener werden? Was ist dann noch deine Aufgabe? Und kannst du diesen Umstand überhaupt akzeptieren?
An diesem Punkt ist es wichtig, den Blick auf sich selbst zu haben und sich darüber klar zu werden, was man nun für ein Thema vorantreibt. Zu Beginn der unternehmerischen Reise ist man sehr hart zu sich selbst, irgendwann ist man dann hart zu den eigenen Leuten und später kommt der Punkt, an dem man wieder hart zu sich selbst werden muss.
Die Härte zu sich selbst bedeutet auch, wenn das System größer ist, wieder weicher zu sich selbst zu sein. Oft verrennt man sich in dem Denken, dass man alleine derjenige ist, der alles stemmt und wenn man das nicht so macht, dann ist alles vorbei. Kultivierte Unzufriedenheit bedeutet dann einzusehen, dass, wenn man so weitermacht, man mit 200 gegen die Wand läuft und alles zerschellt. Du siehst, kultivierte Unzufriedenheit ist ein Prozess, der nie endet.
Kultivierte Unzufriedenheit im stetigen Wandel
Was passiert, wenn deine Führungskräfte immer kultiviert unzufriedener werden? Was ist dann noch deine Aufgabe? Und kannst du diesen Umstand überhaupt akzeptieren?
An diesem Punkt ist es wichtig, den Blick auf sich selbst zu haben und sich darüber klar zu werden, was man nun für ein Thema vorantreibt. Zu Beginn der unternehmerischen Reise ist man sehr hart zu sich selbst, irgendwann ist man dann hart zu den eigenen Leuten und später kommt der Punkt, an dem man wieder hart zu sich selbst werden muss.
Die Härte zu sich selbst bedeutet auch, wenn das System größer ist, wieder weicher zu sich selbst zu sein. Oft verrennt man sich in dem Denken, dass man alleine derjenige ist, der alles stemmt und wenn man das nicht so macht, dann ist alles vorbei. Kultivierte Unzufriedenheit bedeutet dann einzusehen, dass, wenn man so weitermacht, man mit 200 gegen die Wand läuft und alles zerschellt. Du siehst, kultivierte Unzufriedenheit ist ein Prozess, der nie endet.
Kultivierte Unzufriedenheit und Führung nach Sinn: eine Basis für Skalierung
09.06.2023 Führung, Unternehmer
