Zu Beginn unserer Transformation haben wir viele Interviews mit Wunschkunden aus dem IT-Bereich geführt – bei ihrem größten Problem waren sich die meisten einig: der Personalmangel in der IT-Branche.

Eric und Johannes haben das Thema genauer unter die Lupe genommen. Im Artikel erfahrt ihr, wie man Personalmangel durch Skalierung entgegenwirken kann und was genau Standardisierung damit zu hat.

Die Themen des Scaling Champions Podcast #1 im Überblick:

Der Personalmangel im IT-Bereich (00:01:00

Warum Wachstum fälschlicherweise über Personal definiert wird (00:04:00)

Die Probleme beim Tausch von Zeit gegen Geld (00:05:40)

Wie genau Standardisierung und Skalierung gegen Personalmangel helfen (00:09:20)

Die Vorteile von Skalierung und Standardisierung (00:16:30)

Personalmangel im IT-Bereich

Der IT-Bereich hat ein massives Personalproblem. Unternehmen klagen über unzählige offene Stellen, können teilweise Aufträge nicht annehmen, weil es an Entwicklern oder erfahrenen Projektleitern fehlt. Es ist naheliegend, dass es für die Unternehmen auch schmerzhaft ist, Stellen, die früher leicht besetzt werden konnten, heute über Monate oder Jahre nicht besetzt zu bekommen. Es erzeugt Druck, wenn Maßnahmen wie Jobmessen und Ausschreibungen auf der Website oder Jobportalen nicht mehr funktionieren. Aber wieso ist das überhaupt so?

Entwickler unter Druck: Loyalität als Bindungsfaktor

Entwickler, egal um welche Sprache es geht, sind unter Last. Sie verrichten ihre Arbeit und kommen nicht aktiv auf dich zu. Das liegt teilweise auch daran, dass viele Headhunting-Unternehmen mittlerweile sehr aggressiv auf Projektleiter und erfahrene Mitarbeiter im IT-Bereich losgehen und versuchen, diese abzuwerben. Für einen Arbeitgeber ist es eine sehr schmerzhafte Erfahrung, wenn ein guter Mitarbeiter dann einfach weiterzieht.

Ein uns bekannter Unternehmer hat bei Einstellungsgesprächen immer gesagt, dass ihm vor allem eines wichtig ist: Loyalität. Er wollte seinen Mitarbeitern nicht verbieten, sich andere Jobangebote anzuhören. Stattdessen sollten sie ihm in so einem Fall schlicht die Chance geben, nochmal ein Gespräch zu führen, in dem geklärt werden kann, was das Angebot der anderen Firma ist und was er selbst vielleicht noch anbieten kann.

So ein Umgang sorgt für ein Umfeld, indem man sich meldet, Dinge beredet und schaut, ob es noch Stellschrauben gibt, an denen man drehen kann. Ein deutlich besseres Umfeld als eines, in dem die Mitarbeiter einfach verschwinden.

Ein Grundproblem des Personalmangels liegt darin, dass die meisten Unternehmen ihr Wachstum über Personal definieren. Sehen wir uns mal kurz an, wie die meisten IT-Dienstleister Geld verdienen: Indem sie ihre wertvollen Mitarbeiter nehmen und diese zum Kunden schicken. Die Mitarbeiter werden dann zu einem DAX-Konzern oder einem Mittelständler geschickt, um dort eine Individualentwicklung oder eine jahrelange Anpassung von Produkten vorzunehmen. Viele Unternehmen bedenken nicht, dass auch die Kunden gut bezahlen, angenehme Arbeitsumfelder bieten und die eigenen Mitarbeiter dort oft sehr lang gebunden sind. Auch das Intellectual Property und die Nutzungsrechte der Lösung liegen am Ende direkt beim Kunden.
von Produkten vorzunehmen. Viele Unternehmen bedenken nicht, dass auch die Kunden gut bezahlen, angenehme Arbeitsumfelder bieten und die eigenen Mitarbeiter dort oft sehr lang gebunden sind. Auch das Intellectual Property und die Nutzungsrechte der Lösung liegen am Ende direkt beim Kunden.

Richtig skalieren: Warum Zeit gegen Geld zu tauschen schlecht ist

Viele Unternehmen wurden dadurch groß, indem sie Zeit gegen Geld getauscht haben. Dabei handelt es sich um teure und seltene Zeit, nämlich die von Leuten, von denen es am Markt sehr wenige gibt. Dass diese Personen genutzt werden, um draußen zu verkaufen, bringt einige Probleme mit sich:

  • Die wertvollsten Mitarbeiter sind direkt beim Kunden, der auch stark rekrutiert und erfahrene Entwickler sucht. Eigentlich würde man diese wertvollen, selbst aufgebauten Ressourcen nie so leichtfertig aus der Hand geben.
  • Es ist schwer, kontinuierlich an der Unternehmenskultur zu arbeiten, wenn alle immer extern unterwegs sind.
  • Die Austauschbarkeit in der Beschäftigung. Viele Unternehmen mit ähnlicher Größe und Historie arbeiten für viele Kunden – so wird es schwer, den Mitarbeitern zu vermitteln, wofür man steht und welchen Kunden man gezielt anspricht.

Gerade der letzte Punkt führt dazu, dass es schwierig ist, die Daseinsberechtigung als Unternehmen herauszubilden, weil man es jedem recht machen will. Jedem Kunden, der genug Budget hat, wird etwas Individuelles gebaut. Die Mitarbeiter sehen dann aber keinen klaren Purpose, mit dem sie sich identifizieren können.

Wird Zeit gegen Geld getauscht, ist irgendwann eine Maximalauslastung erreicht und Wachstum nicht mehr möglich. Dadurch greifen Themen wie Nearshoring und Bodyleasing immer weiter um sich, da Projekte ab einem gewissen Punkt nicht mehr anders abgehandelt werden können.

Skalierung und Standardisierung: So bindest du Personal und überwindest Engpässe

Klare Standards helfen gegen Personalmangel und Zeitfresser im Arbeitsalltag. Wenn du es schafft, ein klares Angebot oder Produkt zu haben und davon in einem Regelprozess immer wieder Dinge zu verkaufen, dann geht automatisch der Aufwand für Angebote runter. Ausschreibungen laufen nicht mehr blind, sondern nur dann, wenn du daran beteiligt bist, da du ja nun weißt, wie du an Kunden kommst.

Standardisierung sorgt für einen Effizienzgewinn, da man einen Standardablauf hat, der nicht jedes Mal aufs neue geplant werden muss. Die Arbeit läuft zeiteffizienter, wenn man beispielsweise nicht jedes Mal einen neuen Shop entwickelt, sondern auf eine bestehende Plattform oder Standards zurückgreifen kann. Dadurch, dass hier nur noch Customizing anfällt, können 30–50 % der Arbeitszeit eingespart werden.

Standardisierung führt auch zu Komplexitätseinsparungen. Unternehmen haben Schwierigkeiten, Leute mit einer gewissen Seniorität zu bekommen. Dagegen ist die Personalgewinnung von Juniors vergleichsweise einfach. Schafft man es nun, dass die erfahrenen Mitarbeiter Standards schaffen und die Umsetzung sehr leicht machen, weil sie wiederholbar ist, dann kann man genau die Stellen in der Umsetzung mit Juniors besetzen. Auch das Onboarding wird durch Standardisierung vereinfacht.

Verabschiede dich von sabotierenden Glaubenssätzen

Angenommen, man setzt den Tipp von eben um und nutzt Juniors in Projekten. Jetzt könnten die Seniors sagen: “Nein, ich will lieber immer wieder was Neues entwickeln, es macht mir mehr Spaß, neue Sachen herauszufinden.”

Bei dieser Annahme handelt es sich um einen Glaubenssatz. Glaubenssätze sind nicht richtig oder falsch. Die Frage ist, ob sie hilfreich sind oder nicht. Der obige Glaubenssatz ist nicht hilfreich, weil man so immer wieder für jeden Kunden in die Individualentwicklung geht. Man verschenkt die wertvolle Zeit der Entwickler an den Kunden.

Mache den Entwicklern klar, dass du verstehst, dass sie Neues entwickeln wollen und lieber Herausforderungen überwinden, anstatt Standards Customizing zu machen. Erkläre ihnen, dass es genau deswegen sinnvoll ist, die erfahrensten Entwickler einzusetzen, um Standards auszubauen und bessere Produkte zu bauen, die man immer wieder verkauft, während jüngere Kollegen und Consultants das individuelle Customizing pro Kunde machen.

Die Vorteile von Skalierung durch Standardisierung

Durch Skalierung kann dein Unternehmen höhere Gewinne erwirtschaften. Auch das ist ein Faktor, um Mitarbeiter zu halten. Oft werden Dienstleistern die Mitarbeiter von Produktfirmen abgeworben, weil dort schlicht höhere Margen zu erzielen sind.

Ein Produkt kannst du nicht für jeden Kunden bauen, du musst dich also auf eine Zielgruppe fokussieren. Dann wird schnell klar, warum du machst, was du machst, welches Problem du löst und daraus kannst du einen Purpose bauen.

Unser Thema lautet zum Beispiel: Wir glauben daran, dass die IT-Unternehmen das neue Rückgrad der deutschen Wirtschaft darstellen können und dafür noch eine Stufe höher in die Skalierung gehen müssen.

Eine Mission sorgt bei Mitarbeitern für Engagement und vereinfacht auch das Recruiting. Sowohl auf dem Arbeits- als auch auf dem Kundenmarkt will man herausstechen und klar zeigen, wofür man steht. Unternehmen mit sicherem Außenauftritt sind auch als Arbeitgeber interessanter.

Von Individualprojekten zu Standardprozessen


Arbeitest du mit unterschiedlichen Kundentypen und Technologien, dann wird es sehr schwer werden, Projekte zu standardisieren. Ein früherer Kunde von uns bot solche Individualprojekte an. Es wurde dann eine Art Middleware entwickelt und aus den Projekten wurden Standardprozesse, denen ein Standard Onboarding Prozess und Schnittstellen folgten. Heute gibt es eine klare Vorlage vom Ablauf, die Termin sind vorab klar und das Produkt kann zu einem Festpreis angeboten werden.

Standardisierung vereinfacht auch das Leben der Mitarbeiter, da die Angebote klar sind und der Pain Point Kommunikation auf das sinnvollste reduziert wird. Die Mitarbeiter sehen: “Wenn du bei uns bist, kannst du deine Zeit sinnvoll nutzen.” Durch Skalierung kannst du Stück für Stück an deinen Prozessen arbeiten, sie besser machen und Sinn für die Kunden stiften.

In die Skalierung kommen: So kannst du schon morgen starten

Kristallisiere eine klare Kundengruppe heraus, bei der wiederholt die gleichen Fragestellungen und Probleme aufkommen. Standardisiere dann zusammen mit den Mitarbeitern den Projektablauf über den Kunden:

  • Was sind seine Bedürfnisse?
  • Wie müsste das perfekte Projekt aussehen?
  • Welche Termine wären notwendig?
  • Was haben wir anfangs vielleicht vergessen?

So etwas zusammen mit den Mitarbeitern zu machen, ist auch ein Bindungsfaktor.

In diesem Beitrag

Skalierung bei Fachkräftemangel: Wachstum durch Standardisierung 

20.03.2023 Podcast