Eine der größten Handbremsen und gleichzeitig eine der beliebtesten Ausreden, warum IT-Unternehmen vor dem ersten Schritt in Richtung Skalierung zögern, ist die Gesellschafterstruktur. Wir wollen uns daher ansehen, welche Themen unbedingt vor Beginn der Skalierung geklärt werden müssen und welche Bedenken vielleicht eher in der Angst vorm Ungewissen begründet sind.

Gerade im IT-Sektor gibt es sehr viele Unternehmen, die von Einzelpersonen geleitet werden. Werfen wir also einen Blick auf den Einzelgänger, bevor wir uns der Thematik “mehrere Gesellschafter” widmen.

Die Angst vor der Enttäuschung

Viele Unternehmer*innen scheuen sich davor, sich diese Fragen zu stellen, weil sie Angst davor haben, enttäuscht zu werden. Wir sind allerdings Freunde von früher Ent-Täuschung.

Nur, wenn die Täuschung früh aufhört, kann man aktiv mit den Fakten arbeiten. Spielt man einander etwas vor, dann führt man im eigenen Unternehmen ein Theaterspiel auf – und das fühlt sich nicht sicher an.

Selbstverständlich ist es unangenehm, ins eigene Fundament zu schauen und zu erkennen, dass es darin nicht so gut aussieht. Hat man diesen Punkt aber überwunden, dann kann man beginnen, am Fundament zu arbeiten. Deswegen ist dieser Schritt so befreiend und steht für uns an erster Stelle.

Der Einzelgänger 

Der Weg des Einzelgängers ist hart. Wichtige Entscheidungen, die selbst im Team oft für Kopfzerbrechen sorgen, müssen alleine gefällt werden. Damit man als Einzelgänger Erfolg hat, muss man der richtige Typ dafür sein. Allerdings entscheiden sich viele Menschen für diesen Weg, obwohl sie das eben nicht sind.

Wenn du gerade als Einzelgänger unterwegs bist und du merkst, dass dich das viel Kraft kostet, dann solltest du dir ehrlich überlegen, ob das der Modus ist, in dem du weiter durchziehen willst. Gerade Skalierung kostet noch einmal zusätzlich Kraft und wenn die Reserven von vornherein schon leer sind, wird es nur schwerer.

Einzelkämpfer sollten sich darauf konzentrieren, Gleichgesinnte zu finden. Vertraute an der Seite zu haben sorgt nicht nur für mehr Sicherheit bei Entscheidungen, sondern ermöglicht es auch, Themen zu diskutieren und eröffnet so neue Perspektiven.

Ist man sich bereits klar über die eigene Positionierung, dann ist es einfacher, einen guten Gesellschafter zu finden. So könnte man gezielt nach einer Person suchen, die bereits in der Zielgruppe unterwegs ist oder Branchenerfahrung mitbringt.

Eine weitere Option ist der Aufbau eines Führungsteams aus den eigenen Mitarbeitern. Hier sollte man aber keine vorschnellen Entscheidungen treffen, sondern erstmal fest angestellt in einem Testzeitraum miteinander arbeiten, bevor es an den Abschluss von Gesellschaftsverträgen geht

Die richtige Rollenverteilung 

Die Rollenverteilung zwischen den verschiedenen Gesellschaftern ist ein sehr spannendes Thema. Für eine gute Zusammenarbeit ist es wichtig, dass die Rollenverteilung klar geregelt ist und dass auch wirklich alle Rollen besetzt sind.

Leider passiert es oft, dass Personen in Rollen gedrängt werden, in denen sie sich nicht wohlfühlen. Manchmal fehlt es auch schlicht am Bewusstsein, dass die eigene Rolle nicht (mehr) zu einem passt. Ist das Bewusstsein da, aber die Kommunikation innerhalb des Teams nicht offen, dann kann es sein, dass Personen Angst haben, es anzusprechen, dass die Rolle nicht passt. Meist steckt hier die Angst dahinter, überflüssig zu werden und dann gar keine Rolle mehr zu spielen.

Besteht das Gründerteam nur aus Personen, die sich im technischen Bereich wohlfühlen und sehr introvertiert sind, dann kann es problematisch werden, wenn man niemanden hat, der die Rollen Vertrieb und Marketing gerne übernimmt. Gleichzeitig sind andere, beliebtere Positionen, dann überfüllt.

Die richtige Mischung zu finden, ist schwierig. In der Regel bildet man das Gründerteam oder die Gesellschafterstruktur zu einem Zeitpunkt, in dem man das ganze Konstrukt noch nicht vor Augen hat. Es wäre also ein großer Zufall, wenn man bereits zu Beginn genau die Rollen besetzt, die man in allen weiteren Phasen benötigt. Natürlich kann man diese Rollen später mit neuen Leuten besetzen, aber auch das ist wieder ein zusätzlicher Aufwand. 

Was eine gute Ehe mit einer funktionierenden Gesellschafterstruktur zu tun hat 

Die Arbeit mit anderen Gesellschaftern bringt oft Konfliktpotenzial mit sich. Verständlich, sind es doch Menschen, die da miteinander arbeiten. Leider besteht oft eine große Scheu vor Konfliktgesprächen – gerade die unangenehmen Dinge anzusprechen, fällt einem schwer.

Für uns von Scaling Champions ist es überraschend, wie lange Menschen miteinander arbeiten, die sich eigentlich gar nicht mehr riechen können. Teilweise ist es nachvollziehbar: Hat man mal Jahrzehnte lang miteinander gearbeitet, ohne Konflikte angemessen auszutragen, dann stehen irgendwann auch finanzielle und arbeitskontextbezogene Themen dahinter. Man gelangt an einen Punkt, an dem man dem anderen nicht mehr einfach so die Meinung sagen kann, ohne an die Konsequenzen zu denken.

Genau wie in einer guten Ehe ist es auch in der Zusammenarbeit zwischen Gesellschaftern von Vorteil, wenn die Beteiligten offen miteinander kommunizieren. Daher ist es wichtig, bereits früh einen Modus zu etablieren, wie man über Dinge spricht und wie man Probleme löst, ohne, dass die ganze Unternehmung direkt in Gefahr ist.

Macht man das nicht, dann entsteht zwischen den Parteien irgendwann Missmut. Steht man noch am Anfang, dann lassen sich die Dinge trotzdem noch klären. Im besten Fall ohne Anwalt. Nimmt die Firma aber mal Fahrt auf, dann steigt nicht nur der Wert, sondern es müssen auch wichtige Entscheidungen getroffen werden.

Bevor das passiert, muss geklärt werden, ob alle Gesellschafter die gleichen Vorstellungen haben, oder ob es ihnen zumindest bewusst ist, dass es nicht so ist. Sind solche Themen nicht geklärt, dann ist es auch noch nicht an der Zeit für Skalierung.

Mit 2 Fragen zur gemeinsamen Roadmap im Gesellschafterkreis 

Der erste Schritt im Prozess hin zu einem gemeinsamen Weg sollte es sein, abzuklären, was jeder der Beteiligten will und welche Vorstellungen die Personen haben.

Beantwortet dafür getrennt voneinander die folgenden Fragen:

  • Wie möchte ich leben, wenn ich finanziell frei bin?
  • Wie will ich meine Arbeitsalltag gestalten?

Aus den Antworten kann man dann ableiten, was das für die nächsten 3 oder 5 Jahre bedeutet. Es ist wirklich wichtig, dass diese Fragen egoistisch für einen selbst beantwortet werden, ohne an die anderen zu denken. Lässt man sich nämlich beeinflussen, dann wird sich das Ergebnis wie ein Kompromiss anfühlen.

Kommt man nur zu der Erkenntnis, dass die Ziele unterschiedlich sind, dann bedeutet das nicht, dass man ab Morgen getrennte Wege gehen musst.

Hat man mal die Antworten auf die beiden Fragen gefunden, dann sollten diese übereinander gelegt werden, um abzuklären, wo man steht. Vielleicht merkt man dabei, dass es gewisse Diskrepanzen, oder auch Parallelen gibt.

Nun gilt es zu schauen, was das Unternehmen dafür leisten müsste, damit sich alle auf einem Weg befinden, der mit ihren Zielen und Wünschen übereinstimmt. Wie muss das eigene Unternehmen aussehen, damit das möglich ist? Diesen gemeinsamen Weg zu pflastern ist nicht einfach, aber wenn es gelingt, dann haben alle Gesellschafter ihre Zielbilder auf eine gemeinsame Roadmap gelegt und das erzeugt Power.

Wir stehen für den gleichen Weg ein und stehen voll dahinter, weil wir wissen, dass dieser Weg uns zu einem erfüllten Leben führt.

Tipps für ein respektvolles Miteinander

Gute Teams haben keine Geheimnisse voreinander. Alles wird miteinander geteilt, egal ob Fehler, Schwächen und Sorgen – ohne Angst vor Repressalien.“ – Patrick Lencioni

Für den Erfolg einer Firma ist es elementar, dass die Gesellschafter sich als Team verstehen. Oft reden die Leute zwar nett miteinander, berichten dann aber hinter vorgehaltener Hand Negatives über die anderen. Da beginnt das Unheil, weil keine 100-prozentige Ehrlichkeit besteht. Der Weg wird umso härter, wenn du nicht nur im Außen, sondern auch im Innen kämpfen muss.

Offene und respektvolle Kommunikation ist daher eine Grundvoraussetzung. Konflikte müssen angesprochen werden können, ohne dass jemand direkt persönlich beleidigt ist. Dafür braucht es eine fachliche und sachliche Gesprächsebene, in der man sich gegenseitig Feedback gibt und dieses eben nicht als Schlag ins Gesicht betrachtet wird, sondern als gegenseitiger Wunsch, besser zu werden.

Verändern sich die eigenen Wünsche in einer Weise, die auch die Roadmap beeinflusst, dann muss mit offenen Karten gespielt werden. Nur so können die anderen Teammitglieder sich darauf einstellen und den Weg gegebenenfalls anpassen.

Eine gute Unternehmenskultur ermöglicht es, im Alltag viel ruhiger zu handeln. Man weiß: Wenn etwas schlecht läuft, dann gibt es sofort eine Rückkopplung und man kann darüber sprechen. Diese Grundruhe hilft einem, wenn andere stürmische Dinge auf einen zukommen.

Eine gute Partnerschaft ist eine, in der keiner Angst hat, von den anderen verlassen zu werden und dann nichts mehr wert zu sein. Stattdessen sollte jeder für sich stehen und sich bewusst sein, dass er gut ist wie er ist und dass er auch alleine erfolgreich und wertvoll ist. Kommt es dann, aus welchen Gründen auch immer, dazu, dass es als Team nicht klappt, dann ist das zwar schade, aber kein Weltuntergang.

Mit der richtigen Einstellung zu sich selbst fallen auch Konfrontationen leichter. Geht man nämlich voller Angst in eine Konfrontation, dann wird das oft zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung.

 Die Themen des Scaling Champions Podcast #156 im Überblick: 

Die Probleme der Einzelkämpfer (00:04:30)

Achtung bei der Rollenverteilung (00:08:20)

Die Gemeinsamkeiten einer guten Ehe und einer guten Gesellschafterstruktur (00:12:50)

Warum Ent-Täuschung etwas Gutes ist (00:22:00)

Wieso offene Kommunikation im Team so wichtig ist (00:29:00)

In diesem Beitrag

Gemeinsam zum Erfolg: So wird die Gesellschafterstruktur nicht zur Handbremse für die Skalierung

16.05.2023 Führung, Skalierung